Softwarepatente in Europa

[Einführung | Hintergrund | Status | Weiterführende Dokumente]

Offener Brief [2004-05-10] [2004-05-31] [2004-07-06] [2004-08-02] [2004-09-06] [2004-10-04] [2004-11-01] [2004-12-06] [2005-01-03] [2005-02-07] [2005-03-07] [2005-04-05] [2005-05-02] [2005-06-06]

Offener Brief an den Präsidenten der Europäischen Stromversorger Hans Haider

Software Patente schädigen das Europäischen Stromversorgergeschäft

6. Dezember, 2004

Sehr geehrter Herr Haider,

die Europäische Union ist dabei, eine rechtliche Basis für Softwarepatente in Europa einzuführen. Sie könnten glauben, dieses Thema berühre Sie nicht, tatsächlich wird es jedoch höchstwahrscheinlich zu erheblichen Sicherheitsproblemen bei Europas Stromversorgern führen.

Die Abhängigkeit von zuverlässiger Stromversorgung und zuverlässiger Software hat im Lauf der Jahre permanent zugenommen und nach dem Blackout an der US-Amerikanischen Ostküste von 2003 wurde diese zum Ziel des öffentlichen Interesses. Grosse Probleme werden oft von kleinen Fehlern verursacht und können sich durch Netzwerkeffekte wie ein Lauffeuer verbreiten, wobei sie großflächig Schäden verursachen.

Adilson Enio Motter, Gastwissenschaftler am Max Planck Institut für die Physik komplexer Systeme hat vor kurzem einen Vorschlag gemacht, wie dem Verbreitungsproblem begegnet werden kann -- durch das Abschalten zentraler kritischer Verbindungsknoten.

Wenn die Softwarepatent-Direktive in der vorliegenden Form beschlossen werden sollte, wäre es möglich, die Idee der sogenannten Kaskadenkontrolle zum Patent anzumelden -- unabhängig davon, ob der Patentanmelder überhaupt eine Lösung auf Basis dieser Idee vorzuweisen hat. Jeder Dritte, der eine praktische Lösung des Problems auf Basis dieser Idee anbieten kann benötigt die Erlaubnis des Patentinhabers -- die dieser ihm nach Belieben geben oder verweigern kann.

Es gibt viele weitere Beispiele für Ideen, die die Softwaresicherheit Europäischer Stromversorger und Sicherheit von Software im Allgemeinen betreffen, da die Methoden, um Computersysteme sicher zu machen, begrenzt sind. Es ist unmöglich, Softwarepatente komplett zu vermeiden, da Computerprogramme tausende von Ideen enthalten -- die alle entsprechend der Direktive patentierbar sein sollen. Vermutlich werden Sie von den spezifischen Patenten erst dann erfahren, wenn Ihre Lösungen in den Produktionseinsatz gegangen sind und Ihre Rechtsabteilung die Rechnung erhält.

Dieses widerspricht nicht nur dem Entwurf einer Direktive zur Sicherheit unserer Stromversorgung, der am 22. November 2004 vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Auf diese Weise würden die Stromversorger auch verwundbar gegenüber spezialisierten Softwarepatentfirmen und Anwaltskanzleien, die ausschließlich ihren Umsatz maximieren wollen. Das ist Europa als Region und der Europäischen Stromwirtschaft in höchstem Maße abträglich. Deshalb bitten wir Sie um Unterstützung in unserem Kampf gegen Softwarepatente in Europa. Sollten Sie weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte gerne an uns.

Mit freundlichen Grüßen

Georg Greve
Präsident
Free Software Foundation Europe (FSFE)
fsfe.org